Aus dem Val di Non auf die Sonora-Wüste

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Die Reiterstatue von Segno, im Hintergrund das Museum

Der junge US-Staat Arizona, der 1911 zum Teil der Vereinigten Staaten wurde, erfreute sich am 14 Februar 1965 an einer großen Feierlichkeit, die in der „Staatshalle der Statuen“ (National Hall of Statuary) statt gefunden hat. Die Statue von Pater Eusebio Francesco Kino, dem Pionier – Gründers des Staates, wurde im Gebäude des Capitols enthüllt. Sie steht in der Nähe der Statuen von den meist bekannten Persönlichkeiten in der Geschichte der Vereinigten Staaten: George Washington, Samuel Adams, Sam Houston, Andrew Jackson.
„Erforscher, Geschichtsschreiber, Viehzüchter, Gründer der Missionen und Apostel der Indianer“, teilt die Inschrift auf dem Sockel der Statue mit. Sie fast knapp zusammen ein vollständig für Gott und für die Pima Indianer ausgegebenes Leben.
Eusebio, Sohn des Francesco und der Margarete, ist am 10 August 1645 in Segno (Val di Non) in der Nähe von Trent geboren worden. Er wurde getauft in der Dorfkirche von Torra, das dicht bei Segno liegt. Nach den ersten Schuljahren fing er mit der klassischen Ausbildung im Jesuitenkolleg in Trend an und brachte sein Studium in Hall (Tirol) zu ende. Dort wurde er ernsthaft krank, ist aber auf die Fürsprache von Hl. Franz Xavier SJ

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Die Statue von Pater Kino in der Staatshalle der Standbilder in dem Capitol-Hause in Washington D.C.

wunderartig geheilt worden. Nach diesem Ereignis traf er die Entscheidung in die Gesellschaft Jesu einzutreten und legte eine Privatgelübde ab, sein Leben für die Mission in Indien hinzugeben. Er folgte dadurch dem vorhergehenden Beispiel seines Vetters Martino Martini, einen anderen berühmten Sohn aus Trent. 1677 wurde er im bayerischen Eichstätt zum Priester geweiht. Seine Vorbereitung für die auswärtige Mission vervollständigte er am Jesuitenkolleg in Sevilla (Spanien) und am 03 Mai 1681 kam er in Mexiko (Neu Spanien) an.
Zu dieser Zeit war er 36 Jahre alt. Um zu vermeiden als ein Chinese identifiziert zu werden, kehrte er zu der deutschen Aussprache seines Familiennames zurück. Seine mathematischen und kartographischen Fertigkeiten machten aus ihm einen geeigneten Kandidat für die Teilnahme an einer neuen Expedition, die zur Kolonisierung von Kalifornien gebildet wurde. Letztendlich schlug die Expedition fehl und Kino wurde für die Mission auf dem Festen Land umdestiniert. Am 13 März 1687 brach er für das größte Abenteuer seines Lebens auf – die Evangelisierung der Völker in der Pimeria Alta (heute die Gebiete des mexikanischen Staates Sonora und des amerikanischen Staates Arizona). Seine Tätigkeit bezog sich nicht nur auf die Bekehrung der dortigen Völker zum Christentum, sondern auch auf ihre wirtschaftliche, soziale und bürgerliche Entwicklung

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Magdalena de Kino Mexico; Mausoleum von Pater Kino

. Seine unermündlichen Anstrengungen fassen eine Zeitspanne von über vierundzwanzig Jahre um, bis zu seinem Tod im Jahre 1711. Pater Kino gab sein Herz und seine Seele für die Gründung von vielen Missionen aus, die in unserem Jahrhundert zu blühenden Städten von Sonora und Arizona wurden. Zugleich oder vor allem aber war er ein Mensch Gottes und ein Verteidiger der Indianer. Gestellt zwischen Gott und Schöpfung war er ein bahnbrehender Erforscher, Geschichtsschreiber, Kartograf, Cowboy, Viehzüchter und Friedensstifter. Er brachte den Indianern sowohl das Anbauen von neuen Früchte- und Gemüsearten als auch Viehzucht, Zimmerhandwerk und Schmiedearbeit bei. Pater Kino schützte tapfer die Würde und Interessen seiner indianischen Neugetauften gegen die anmaßenden Denkschemata der spanischen Hacendados. Ohne Angst setzte er das königliche Dekret durch, das die bekehrten Indianer von der harten Arbeit in den Gruben und von der Zinszahlung befreite. In dieses herbe, von der Sonne getrocknete Land kam dadurch eine ganz neue Wirtschaft an. Er leitete verschiedene Expeditionen nach Nordwest von Sonora bis zum Colorado Fluß.

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Die Missionen von Pater Kino (Gemälde von Nereo de la Pena)

Aufgrund der neuen Erkenntnisse brachte er die wissenschaftlichen Beweise dafür, daß California keine große Insel, sondern eine Halbinsel ist. Eine grobe Abschätzung der Länge seiner Wüstenwege, die er mit Vieh- und Pferdeherden gemacht hat, ergibt ca. 12,800 km. Wir sehen eine wirklich gigantische Leistung. Ihre Früchte waren die Hinführung der Seelen zu Gott, Einführung einer neuen Lebensart auf den wüsteartigen Gebieten. Seine Arbeit für die Indianer war getragen von einer tiefen Anerkennung ihrer Würde und ihres Wertes.

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Bas-Relief von Tucson Arizona; Vater Kino zu Fuß neben einem Pima Indian

Pater Kino verstarb Mitternacht, am 15 März 1711 im Dorf Magdalena (Sonora). Er verschied wie er lebte „im Frieden und Armut auf der Schwelle zu etwas Größerem“. Heutzutage Magdalena ehrt mit einer jährlichen Pilgerfahrt sein Gedächtnis. Seit mehr als drei Hundert Jahren sammelt diese Pilgerfahrt Verehrer und Verehrerinnen aus Sonora, Arizona, Chihuahua und aus Kalifornien. Eigentlich kamen die Pilgern nach Magdalena, und sie kommen heute, zur Ehre des Patrons von Kino, d.h. zur Ehre des Franz Xaviers, der „Apostel Indiens“ genannt wird. Die Eifer der Pilger transformierte aber mit der Zeit die Verehrung des Franz Xaviers in gemeinsame Huldigung dem Apostel Indiens und dem Apostel der Pima Indianer. Hl. Franz Xavier und Kino sino geeinigt im Geiste.

Der Ruhm
Die größe, tief volkstümliche und seit vielen Generationen überlieferte Verehrung des Paters Kino bekam am Anfang des letzten Jahrhunderts eine wissenschaftliche Bestätigung. In den Archiven der Mexico-Stadt sind die Tagebücher von Pater Kino gefunden worden. Sie erzählen uns eine Geschichte seines Lebens eines Missionars, eine Geschichte geprägte von vielen Schwierigkeiten auf seinen unermündlichen Forschungsreisen, aber auch eine Geschichte seiner Vision, welche die Zukunft der Pimeria Alta betrifft. Aus den Seiten der Tagebücher erhebt sich ein großes menschliches Charakter, der durch Liebe und Mitleid bewegt ist. Es erhebt sich ein Mensch, der die Geschichte von Latein- und Nordamerika unauslöschlich geprägt hat.

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Tucson; die Statue Zwilling von denen in Segno und Magdalena de Kino

Um Pater Kino zu ehren hat man 1965 mit der Suche nach seinem Grab angefangen. Am 19 Mai 1966 ist das Grab in der heutigen kleinen Stadt Magdalena gefunden worden. Vier Jahre später lies die mexikanische Bundesregierung ein Mausoleum über dem Grab bauen und gestaltete das umliegende Platz in ein eindrucksvolles Denkmal, das am 02 Mai 1971 in Anwesenheit des Präsidenten von Mexico Luis Echeverria eingeweiht wurde.
Schulen, Universitäten, Krankenhäuser wurden nach Pater Kino’s Namen genannt. In den weit entfernten und in der Wüste zerstreuten Dörfern wurden Denkmäler errichtet. Im Jahre 1930 ist in der Stadt Tucson ein prächtiges Basaltrelief enthüllt worden. Auf dem wüsteartigen Hintergrund sieht man den unermündlichen Erforscher in Begleitung eines Indianers. Dieselbe Stadt errichtete ein größeres Reiterdenkmal des „Paters zu Pferd“.
Die Erzdiözese Hermosillo (Mexico) eröffnete offiziell den Beatifikationsprozeß des Paters Kino und sammelt Beweise für seine heroische und heilige Lebensweise. Während der religiösen Verfolgung, die nach dem I Weltkrieg unter General Calles ausbrach, Kino wurde als „Schirmherr“ (protector) des Staates Sonora angerufen.

Zeugnisse

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die Kirche von Segno

Der meist bekannte Historiker des amerikanischen Westens, der Presbiterianer Herbert Eugene Bolton, schrieb: „Segno ist berühmt weder wegen seines Altertums, noch wegen seiner archäologischen Schätzen, sondern wegen des einfachen Grundes, daß inmitten in ihm sah man die Geburt von Eusebio Kino, Jesuit, Erforscher der Pazificküste und der Nordamerikanischen nördlichen Sonora.“
Bonifacio Bolognani, franziskanischer Gelehrte stellte fest: „Einige bekannten Persönlichkeiten ließen ein Zeichen in der Geschichte dank der Autorität ihres Denkens, andere wiederum dank der Dynamik ihrer Arbeit, und deswegen erinnern sich die künftige Generationen an sie. Es ist jedoch ein Schicksal dieser Leute, aus irgendwie unerklärten Gründen in Vergessenheit zu geraten. Das ist auch der Fall von Eusebio Chini, dessen Arbeit am Anfang dieses Jahrhunderts von den amerikanischen Geschichtsschreibern ausgewertet wurde. Diese Entdeckung erstaunte beinahe jedermann in Trentino und in Italien, die ihn völlig vergessen haben. Nichtsdestoweniger ging sowohl die von ihm geschaffene Dimension der Missionsarbeit, als auch er selbst als Geschichtsschreiber, als Schreiber und Geographer in die Geschichte hinein; heute ist sein Name zu einer Legende geworden.”
In seiner Predigt während der Hl. Messe in Phoenix, Arizona (USA) sagte Papst Johannes

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Segno; Museum, Acrylmalerei von Livio Conta

Paul II: „Selbstverständlich prägte das Kreuz Christi ein Zeichen in der Ausbreitung des Evangeliums in diesem Region seit seinem Anfang ein: vor drei hundert Jahren war es Pater Eusebio Kino, der als der Erste das Evangelium nach Arizona mitgebracht hat“…“Mit außergewöhnlicher persönlicher Selbstverleugnung, arbeitete Pater Kino unermüdlich daran, überall in diesem Region (Arizona) neue Missionen zu gründen, so, daß das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus unter den Leuten, die hier wohnten Wurzeln schlagen könnte.“
Aus der Ansprache des Papstes Johannes Paul II am 29 April 1995 in Trient: „Unter vielen anderen erinnere ich auch Missionare, Männer und Frauen, die während der Jahrhunderten diesen Region verlassen haben, um irgendwo in die Welt zu gehen. Unter denen sind zu erwähnen die Jesuiten Martino Martini und Eusebio Francesco Chini.“.